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"Digitaler Zusammenhalt und neue Führungs- aufgaben?" - Teil 2


Durch die Corona-Krise sind Unternehmen gezwungen, sich Gedanken über “neue” Arbeitsweisen, Arbeitsteilungen oder Home-Office zu machen. Dies läuft jetzt seit ein paar Wochen.

 

Wir haben nachgefragt, wie das im Netzwerk funktioniert und vor welchen Herausforderungen die Führungskräfte stehen, wenn die Teams verteilt arbeiten.

 

Herzlichen Dank an Prof. Dr. Gunther Olesch (Phoenix Contact) und Dr. Helmut Jansen in de Wal (BISONtec) für Ihre Einblicke!

 


Herr Professor Olesch, in Zeiten von Corona ist es sicher eine Herausforderung, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Wie halten Sie denn jetzt in solchen Situationen „den Laden am Laufen“. Wie haben Sie das organisiert?

 

Prof. Dr. Gunther Olesch, Geschäftsführer CHRO, Group Executive Board,
PHOENIX CONTACT GmbH & CO. KG

Wir haben hier verschiedene fixe Termine. Also zum Beispiel unsere montägliche Geschäftsführungs-Sitzung. Da werden die grundsätzlichen Sachen entschieden, aktuell auch Corona betreffend. Dann habe ich am Dienstag ein Jour-Fixe mit all meinen Führungskräften. Ich bin zuständig für Personal, ich bin zuständig für Informatik, ich bin zuständig auch für Facility Management. Und mit den Leuten sitz ich dann zusammen, um die Entscheidungen aus der Geschäftsführungsrunde weiter zu bearbeiten. Und dann bricht sich das weiter runter. Diese Jour Fixe-Termine finden jetzt rein digital statt. Erstaunlich ist, welche Erfahrungen man macht. Sie sind zum Beispiel kürzer, man hat nicht so viel Zeit, dann spricht man nicht über Privates. Der Zeitplan wird direkt durchgearbeitet. Es können auch nicht alle durcheinander sprechen. Die Disziplin der Kommunikation ist deutlich härter.

 

Mittlerweile ist es so, dass 95 Prozent der Angestellten bei uns im Homeoffice sind. In der Produktion ist das leider ja nicht möglich. Da ist es so, dass wir die Schichten getrennt haben. Die Morgen-Schicht geht nicht um 14 Uhr, sondern um 13:45 Uhr. Und die nächste Schicht beginnt nicht um 14:00 Uhr, sondern um 14:15 Uhr. Zwischendurch wird alles desinfiziert. Die begegnen sich also gar nicht.

 

Wir haben natürlich viele weitere Maßnahmen getroffen, beispielsweise sind die Betriebsrestaurants geschlossen. Dann haben wir viele Desinfektionsmöglichkeiten in allen Gebäuden. Und wir nutzen auch Schutzmasken. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger als zwei Meter Abstand haben, müssen sie Masken tragen. Das ist aber selten der Fall , weil unsere Produktion so eingerichtet ist, dass die Leute schon ziemlich weit auseinander stehen.

 

Vieles was sonst den Arbeitsalltag ausmacht, entfällt ja aktuell. Der Flurfunk, Gespräche in der Kaffeeküche oder das gemeinsame Mittagessen. Also die menschliche Komponente, die ja wichtig für das Unternehmen ist. Was für Dinge tun Sie da, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren und um den Informationsfluss aufrecht zu erhalten?

 

Wir hätten jetzt zum Beispiel eine Betriebsversammlung gehabt, die wir jetzt digital abhalten. Der Konzernbetriebsrat und ich teilen in zwölf Minuten die wichtigsten  Auswirkungen auf die Mitarbeitenden von Phoenix Contact durch Corona mit. Und diese Information teilen wir dann über einen Podcast.

 

Wir haben noch eine Gesamtinformation über die aktuelle Situation, in Form einer eignen „Corona App“. Jeder Mitarbeiter kann sich auch auf seinem privaten Gerät das runterladen und bekommt alle neuesten Informationen, die täglich aktualisiert werden. Unser Intranet steht natürlich auch noch zusätzlich zur Verfügung. Also über den Podcast, das Intranet und unsere App fließen so eine Menge Informationen. Aber das ist natürlich eine Einbahnstraße. Die Dialogmöglichkeiten sind aktuell einfach eindeutig eingeschränkt. Natürlich sprechen auch Mitarbeiter privat etwas über die digitalen Systeme. Aber es ist eindeutig weniger.

 

Ich selbst kann ja auch nur sagen, welche Erfahrung ich gemacht habe in diesen Zeiten. Die sind nicht nur von Vorteil. Ich sage mal so, jemand, der allein an Software schreibt, Produkte entwirft, der kann das problemlos alleine im Home-Office machen. Aber wenn Sie in Projekten arbeiten, wird das schon schwieriger. Zum Beispiel die Erreichbarkeit ist schon aufwendiger. Sie rufen jemanden an, bei dem besetzt ist. Dann ist man selber wieder in einer Telefonkonferenz, während der Angerufene zurückruft. Man kann nicht wie normal einfach ins Nachbarbüro gehen und schnell Gesprächsbedarf anmelden, während der oder die Kollege/in telefoniert. Schnelles Agieren ist eingeschränkt, das muss man einfach sagen.

 

Und auch der menschliche Aspekt fehlt. Das man sich austauscht und sich wortwörtlich auf die Schulter klopft. Berührungen machen uns Menschen einfach aus. Und das ist so aktuell nicht möglich. Aber es ist nachvollziehbar. Das ist auch richtig und gut so, denn wir wollen die Verbreitung der Krankheit stoppen.

 

Dann kommen wir zur dritten und letzten Frage, die auch in die Richtung zielt. Auf Menschen mit Führungsaufgaben kommen jetzt neue Herausforderungen zu. Welche sehen Sie da und wo können Sie helfen?

 

Ich sage mal so, man muss mehr planen, man kann nicht so spontan agieren. Termine, wie zum Beispiel Videokonferenzen müssen eingehalten werden und pünktlich beginnen. Das können Sie nicht so ohne weiteres verschieben. Das wäre ein riesiger Aufwand, alle zu informieren. Während man in einem Großraumbüro man mal einfach rüber rufen könnte, dass sich ein Treffen um eine halbe Stunde verschiebt. Alle hören das und es ist gar kein Problem. Die digitale Arbeit muss viel besser geplant und auch knallhart getaktet werden.

 

Also das formelle Vorgehen und die Taktfrequenz der Zeit prägt die Führung momentan. Man muss sich knallhart daranhalten und kann vieles nicht wie gewohnt per Zuruf regeln. Das ist der Unterschied. Es ist formeller und ich denke, dass die Führungskraft auch nicht so persönlich werden kann.  Zum Beispiel, wenn man vielleicht auch mal etwas Kritik üben muss. Früher hätte man jemanden nach einer Besprechung noch gebeten zu bleiben und dann so das Feedback gegeben. Jetzt ist es so, wenn man nach einer Videokonferenz sagt, dass sich alle außer Herrn Mustermann ausklinken können, dann gibt es gleich Thesen: „Was ist da los? Was machen die da?“ Und so weiter und so fort.

 

Das digitale Arbeiten ist für viele Aufgaben ein Vorteil. Wie gesagt, Software Programmierer können ihre Aufgaben problemlos von zu Hause machen, sie sind nicht so auf ein Team angewiesen. Jemand, der Produkte entwickelt, kann es machen. Aber sobald Sie in engen Projektteams mit 12, 14 Leuten arbeiten ist digitales Arbeiten, die digitale Konversation aufwendiger.

 



Herr Dr. Jansen in de Wal, BISONtec ist ein klassisches Maschinenbau-KMU. Wie erleben Sie die Krise und wie gehen Sie damit um?

 

Dr. Helmut Jansen in de Wal,
Geschäftsführer, BISONtec GmbH

Aufgrund unserer langen Vor- und Durchlaufzeiten haben wir bislang kaum Einschränkungen gespürt: alle Aufträge laufen weiter, alle Lieferanten sind lieferfähig. Wie bereits 2009 werden wir die Auswirkungen mit deutlicher Verspätung merken. Trotzdem haben wir die gleichzeitige Anwesenheit der Kollegen (durch Gleitzeit- und/oder Resturlaubsabbau und HomeOffice) reduziert, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Die dadurch verlängerten Liefertermine wurden von den Kunden akzeptiert.

 

Da bei uns nur max. 25 % der Kollegen PC Arbeitsplätze besitzen, merken wir auch noch nicht so viele Veränderungen im Betriebsablauf durch Home-Office. Wir haben die Zusammenarbeit über Microsoft Teams eingeführt, und auf eure Empfehlung hin gleich eine „virtuelle Kaffeeküche“ zur Verfügung gestellt. Deren Nutzung ist aber aktuell noch gering.

 

Welche neuen Herausforderungen kommen durch neue Arbeitsweisen auf Führungskräfte zu?

 

Das ist die größte Herausforderung und Chance zugleich. Bislang hat immer ein Team die Entstehung einer Montageanlage von Anfang bis Ende verantwortlich begleitet. Jetzt sind regelmäßige know how Transfers und detaillierte Statusmitteilungen an die Kollegen erforderlich, die aktiv am Projekt weiterarbeiten sollen.

 

Die Führungskräfte müssen es schaffen, den Wissensaustausch zu organisieren und größere, wechselnde Teams zu bilden in denen dann die sozialen und die technischen Kompetenzen zueinander passen müssen.


Hier gehts zum ersten Teil der Einblicke mit Hanna Drabon (ComSpace) und Andreas Schlepper (HORA Holter Regelarmaturen).



 

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