
Studienergebnisse des Projekts DIPA|Q
Weiterbildungsbedarfe von KMU in OWL
Download: DIPA|Q - Thesenpapier Weiterbildungsbedarfe von KMU [PDF]
Die wenigsten Berufe sind vollständig automatisierbar und trotz fortschreitender Digitalisierung werden die meisten Arbeitsplätze zunächst erhalten bleiben – so das BMAS. Was sich jedoch wandeln wird sind die Tätigkeiten in den Berufen, zusammen mit den sich wandelnden Technologien und Prozessen. Daher wird für die Unternehmen Weiterbildung ein zentraler Aspekt unternehmerischen Handelns in der Zukunft werden. Klar ist schon jetzt dabei, dass das Prinzip „one-size-fits-all“ in der Weiterbildung nicht mehr funktionieren wird, da die Bildungspfade von Beschäftigten in der heutigen Zeit höchst individuell und sehr unterschiedlich gekennzeichnet sind.
Gerade jedoch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) fehlt es an Tools zur Erhebung der vorliegenden Kompetenzen und Weiterbildungsbedarfe. Genau an diesem Punkt haben wir mit unserem Projekt DIPA|Q angesetzt, mit einer auf KMU zugeschnittenen quantitativen Erhebung der aktuellen Weiterbildungsbedarfe und einer darauf aufbauenden, vertiefenden qualitativen Erhebung. Ziel war es herauszufinden, wie die inhaltlichen Weiterbildungsbedarfe, die technischen und räumlichen Gegebenheiten sowie die motivationalen Faktoren für gelingende Weiterbildung in den KMU der Region aussehen.
Durchführung und Methodik
Die Erhebung wurde in einem Netzwerk von 26 ostwestfälisch-lippischen KMUs mit maximal 249 Beschäftigten durchgeführt. Ziel der quantitativen Onlinebefragung war es die Weiterbildungsbedarfe und die gewünschten zeitlichen, räumlichen und methodischen Rahmenbedingungen zu erfassen. Befragt wurden Leitungspersonen, Mitarbeitende und Auszubildende aller Unternehmensbereiche. Hier wurden 90 Personen aus 18 KMUs erreicht. Die Branchen waren hier hauptsächlich Maschinenbau, IT und im weiteren Handel, Automatisierung und sonstige Dienstleistungen.
Eine qualitative Erhebung in Form von leitfadengestützten Interviews mit anschließender Inhaltsanalyse vertiefte die Ergebnisse im Anschluss. Hier wurden 15 Personen aus 11 KMUs interviewt. Die Positionen der Interviewten waren im Bereich Geschäftsführung, Leitung Personal/ Kaufmännisch/ Technisch/ Produktentwicklung, Personalmanagement und Vertrieb angesiedelt. Die genaue Beschreibung des methodischen Vorgehens und der Stichprobe finden Sie im ausführlichen Ergebnisbericht zum Download (siehe unten).
Analyse und Ergebnisse der Erhebung
Quantitative Erhebung
In unserer quantitativen Erhebung zeigt sich, dass die teilnehmenden Unternehmen bereits stark digitalisiert sind. 70% der Befragten halten die in ihrem Unternehmen genutzte Software für sehr oder relativ zeitgemäß. In der Tendenz stehen über 90% der Befragten der Digitalisierung positiv gegenüber. In 57% der Unternehmen wird Weiterbildung regelmäßig angeboten, in 34% der Unternehmen gibt es keine regelmäßig stattfindenden Weiterbildungen.
Die Weiterbildungsbedarfe der Befragten konzentrieren sich sowohl im Bereich der generellen Arbeitsverbesserung (Wissensmanagement, Verbesserung von Arbeitsabläufen, Automation von Prozessen, Management), als auch im Bereich EDV und Digitalisierung, spezieller Systeme, Programmiersprachen und Produktmanagement. Auch Kommunikation ist ein stetiges Thema – intern wie extern. Am signifikantesten wurden folgende Themen eingeschätzt:
Qualitative Erhebung
Die in den Interviews erhobenen Daten spiegeln Unternehmensbedarfe wider, welche sich auch in den Ergebnissen der quantitativen Umfrage zeigen. Ähnlich wie in unserer quantitativen Erhebung, erwähnten die Befragten generelle Bedarfe in den Bereichen Wissensmanagement sowie grundlegenden und erweiterten Kompetenzen in der EDV. Insbesondere wurden hier erweiterte Kompetenzen in den Bereichen Digitalisierung und virtuelle Methoden erwähnt, sowohl in Bezug auf neue Technologien und technische Themen sowie auf Projekt- und Prozessgestaltung. Bezüglich Selbst- und Methodenkompetenzen wurden hauptsächlich Bedarfe bzgl. Führungskompetenzen, kaufmännischer und rechtlicher Themen sowie Sprachkenntnisse genannt. Die Oberthemen der gewünschten Weiterbildungen sind wie folgt:
- Digitalisierung und virtuelle Methoden
- (digitale) Führungskompetenzen
- Wissensmanagement
- Projekt- und Prozessgestaltung
- grundlegende Schulungen zu Fachinhalten/ Schlüsselkompetenzen/ EDV
- neue Technologien und technische Themen
- Verbesserung/ Automation von Arbeitsabläufen/ Prozessen
- stark individualisierte Schulungen zu Fachinhalten/ Schlüsselkompetenzen/ EDV
Die Interviews präsentieren sehr individuelle Themenbedarfe, welche aufgrund des hohen Digitalisierungsgrades der beteiligten Unternehmen mit den allgemein bekannten, grundlegenden Bedarfen im Bereich der EDV nicht vergleichbar sind. Diese Weiterbildungsbedarfe müssen dementsprechend individuell in den Firmen angegangen werden.
Rahmenbedingungen von Weiterbildung im Unternehmen
Die grundlegenden Rahmenbedingungen, wurden in den Interviews tiefer beleuchtet. Hier wurde insbesondere der Wunsch nach hybriden Bildungsformaten geäußert – unabhängig davon, ob die Mitarbeitenden des Unternehmens an der jeweiligen Weiterbildung teilnehmen.
Laut der qualitativen Befragung steht klar die Teilnahme während der regulären Arbeitszeit im Vordergrund, präferiert wöchentlich bis zu 90 Minuten. Räumlich wird ein Raum im Betrieb präferiert, der nicht der eigentliche Arbeitsplatz ist. Nach wie vor wird Präsenzelementen der Weiterbildung eine hohe Bedeutung zugemessen. Weiterbildungen ausschließlich virtuell und von zuhause werden größtenteils abgelehnt.
Die Befragten beschreiben hybride Lernszenarien in verschiedensten Kombinationen, welche beispielsweise folgende Komponenten beinhalten:
- am Arbeitsplatz oder zuhause
- fachspezifische Schulungen auch rein virtuell
- generell hybride Lernformate
- In-House-Training
- Präsenzphasen (Fragen stellen, interaktiv andere mitbekommen)
- virtuell (Webinare, Online-Weiterbildung)
- zu Teilen sehr individuell auf die Bedürfnisse der KMU zugeschnitten
Weiterbildungen sollten laut den Befragten aus den drei Elementen Online, Präsenz und zeit- und raumunabhängiger Lernnuggets bestehen:
Als Vorteile hybrider Lösungen werden u.a. die Reduktion von Zeit- und Reiseaufwand, zeitlicher Freiraum sowie wie die Möglichkeit, dass unterschiedliche Lern-Typen sämtliche Methoden nutzen können genannt.
Weitere Wünsche an zukünftige hybride Lernformate betreffen den zeitlichen Faktor: So sollten diese zeitlich flexibel gestaltet sein und zeitlich eher kurze Sequenzen abbilden. Die Interviewten benannten die optimale Gruppengröße, insbesondere zu firmenspezifischen- und Führungsthemen, mit ca. 5 Personen. In jedem Falle gelte, dass je spezifischer die Weiterbildungsthemen sind, desto kleiner sollte die Gruppe sein. Häufig betont wurde sowohl aus Sicht der sich Weiterbildenden als auch Sicht der Führungskräfte die Relevanz der Messbarkeit des Lernerfolgs. Hybride Weiterbildungsformate sollten in jedem Falle Erfolgs- oder Lernzielkontrollen beinhalten.
Eine große Rolle spielen monetäre Kostenfaktoren, gerade in kleineren KMU, und dort ist häufig keine personelle Kapazität für langfristige Recherche von Weiterbildungsförderung vorhanden. In jedem Falle sollten Anbietende von Weiterbildungen auf Fördermöglichkeiten verweisen oder direkt dazu beraten.
Neben der methodischen und inhaltlichen Gestaltung der Weiterbildungsprodukte klang sowohl in der Erhebung die Haltung bzw. Kultur der jeweiligen Unternehmen als Faktor für den Erfolg von Weiterbildungen stark durch. Dies geht einher mit dem für jede erfolgreiche Weiterbildungsstrategie einschlägigen Faktor der Motivation. Im Rahmen der Digitalisierung, und auch außerhalb, scheint die Motivation der sich Weiterbildenden essenziell für die Teilnahme an sowie den nachhaltigen Wissensgewinn durch Weiterbildungen zu sein – ob individuell oder auf das gesamte Unternehmen übertragen.
Ausblick für das Projekt DIPA|Q
Hier greift das Projekt DIPA|Q ein und entwickelt in enger Abstimmung mit einer Selektion von KMU in OWL auf Basis der oben skizzierten Ergebnisse individualisierte Weiterbildungsprodukte, welche sowohl von Mitarbeitenden eines einzelnen Unternehmens als auch unternehmensübergreifend genutzt werden können.
Die gesammelten Erkenntnisse werden nun im Projekt DIPA|Q genutzt, um die Weiterbildungen, die nun im Projekt entwickelt werden, den individuellen Bedürfnissen der Betriebe anzupassen. Um dies zu gewährleisten, werden die Produkte modular aufgebaut und in hybrider Form angeboten, sodass sowohl zeitliche Flexibilität und die Möglichkeit zur Wiederholung als auch die Vorteile kooperativen (Präsenz-)Lernens sowie eine gesteigerte Aufmerksamkeit der Teilnehmenden gegeben sind.
Aufgrund der rapiden Entwicklungen der Arbeitswelt im Kontext der Digitalisierung sind Lernen, der Ausbau von Schlüsselkompetenzen, das Etablieren eines Systems und Bewusstseins für Wissensmanagement sowie der Aufbau eines auf diesen und anderen Schwerpunkten basierendes Personalmanagements wichtiger denn je.
Allgemeine Informationen zum weiteren Verlauf des Projekts DIPA|Q finden Sie auf unserer Projekt-Website. Für alle Belange rund um das Projekt nehmen Sie gerne direkt Kontakt zu Ihrem Ansprechpartner Malte Mayer auf.
Die ausführliche Beschreibung der Methodik, die Ergebnisse im Detail und eine umfangreiche Analyse finden Sie im Thesenpapier zur Digitalisierung & Weiterbildung in KMU [PDF zum Download].
In Kooperation mit der Deutschen Angestellten Akademie DAA