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Szenarien für Post-Corona-Zeit


Nach den Wochen des Neu-Organisierens, Ausprobierens und der Unsicherheit fokussieren sich viele Unternehmen nun wieder verstärkt auf strategische Themen. Wie sieht die Wirtschaft “nach” Corona aus? Welche Trends werden sich verstärken?

Wir haben nachgefragt, welche Szenarien möglich sind und worauf Unternehmen achten müssen.

 

Herzlichen Dank an Dr. Christoph von der Heiden und Hans-Jürgen Alt.

 


Herr Dr. von der Heiden, viele Unternehmer erleben die derzeitige Situation als sehr belastend, weil Erfahrungswerte im Umgang mit weltweiten Pandemien fehlen. Haben Sie einen Tipp welche Schritte Unternehmen (strategisch) jetzt unbedingt gehen sollten?

 

Dr. Christoph von der Heiden
Geschäftsführer
Industrie, Öffentlichkeitsarbeit, Volkswirtschaft, Innovation, Umwelt
Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld

Sie sollten sorgfältig auf den Infektionsschutz ihrer Mitarbeiter und Kunden achten, denn wenn die Wirtschaft jetzt sukzessive wieder hochfährt, geht das natürlich nur mit ausreichend gesunden Mitarbeitern. Appelle an die Selbstverantwortung der Beschäftigten gehören dazu, von ihrer Gesundheit hängt auch die Gesundheit der Firma ab. Die letzten Wochen haben gezeigt, dass gute digitale Strategien dazu beitragen können, Krisen wie diese zu überwinden oder abzuschwächen. Hier können viele Unternehmen ebenso Ansatzpunkte finden wie in Überlegungen, Lieferketten kürzer zu gestalten, in die Nähe zu holen und ggfs. die Fertigungstiefe zu erhöhen. Aber die Strategien sind sehr individuell je nach Unternehmen.

 

Wie glauben Sie, wird sich die wirtschaftliche Situation in den kommenden Monaten verändern?

 

Das ist branchenbezogen extrem unterschiedlich und hängt davon ab, wie kontinuierlich wir den Exit vom Shutdown schaffen, also auch davon, wie sich die Infektionskurve weiter entwickelt. Mit etwas Glück werden wir dieses Jahr “nur” einstellige Wachstumseinbrüche in der Wirtschaft insgesamt hinnehmen müssen, dann darf es aber keine großen Rückfälle geben. Wichtig ist, dass die Bevölkerung nach dem anfänglichen tiefen Schreckensmoment wieder ein höheres Sicherheitsgefühl entwickelt bzw. sich mit der neuen Normalität abfindet, nur dann kann das Konsumklima wieder steigen und der Funke auch in die Investitionsgüterbranchen überspringen. Aber auch das funktioniert nur, wenn die Eigenverantwortung bzw. Disziplin der Menschen derart ausgeprägt ist, dass Neuninfektionen sich in Grenzen halten.

 

Welche Entwicklungen werden die die (globale) Wirtschaft nach der Krise prägen? Gibt es Trends, die sich in den letzten Wochen/Monaten beschleunigt haben?

 

Die Lieferketten werden sich teilweise neu ordnen, insbesondere in kritischen Bereichen, digitale Flexibilität wird gesteigert, vom Arbeitsort der Mitarbeiter bis hin zu Order-, Bestell- und Organisationssystemen. Automatisierung wird zunehmen und beeinflusst werden von Überlegungen der Epidemie-Bekämpfung.

 



Herr Alt, was sollten Maschinenbauer in der aktuellen Situation unbedingt beachten?

 

Hans-Jürgen Alt,
Geschäftsführer VDMA NRW,
Manager des Kompetenznetzes ProduktionNRW

Falls noch nicht geschehen, sollten Unternehmen coronaspezifische Szenarien für ihre Organisation entwickeln und darin potenzielle Risiken sowie deren Auswirkungen analysieren und bewerten. Dazu gehören zum Beispiel der Schutz der Mitarbeiter, die Planung von Arbeitseinsätzen sowie die Aufrechterhaltung der Geschäfts- und Lieferkontinuität. Bei allem muss eine wohl überlegte Balance zwischen Kundenbedürfnissen und geschäftlichen Prioritäten gefunden werden. Ziel muss es sein, mit einer guten Kommunikationsstrategie Klarheit für Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner zu schaffen.

 

Grundsätzlich müssen Unternehmen dabei agil bleiben und flexibel auf die sich permanent ändernden Rahmenbedingungen reagieren, um diejenige Lösung zu finden, die bestmöglich zur Situation passt.

 

 

Wie wird sich Ihrer Einschätzung nach die wirtschaftliche Situation in den kommenden Monaten verändern?

 

Die Folgen der Coronapandemie werden den Maschinen- und Anlagenbau in den kommenden Monaten verstärkt belasten. Obwohl die Unternehmen in den letzten Wochen und Monaten sehr umsichtig und sorgfältig dafür gesorgt haben, dass die Produktion aufrechterhalten bleibt, werden die Auswirkungen nun immer sichtbarer. Durch Auftragseinbußen, Stornierungen sowie Störungen in der Lieferkette und bei der Auslieferung wird die Lage nochmals verschärft. Hinzu kommen die Sicherheitsauflagen für die Produktion, die in den Unternehmen eingehalten werden müssen, um auch eine zweite Welle abzufedern.

 

Konkrete Zahlen liefert die dritte Blitzumfrage des VDMA, die die Auswirkungen der Coronapandemie auf den Maschinenbau untersucht. Die Ergebnisse, die für Nordrhein-Westfalen vorliegen, zeigen, dass etwa 89 Prozent der Maschinenbauer – egal aus welchem Fachzweig – Beeinträchtigungen spüren. Angebotsseitige Störungen (Lieferketten) liegen besonders aus Europa vor während sich die Lage hinsichtlich China weiter entspannt. Die nachfrageseitigen Störungen (Auftragseinbußen) haben weiter zugenommen. Eine relative Mehrheit der Unternehmen (43 Prozent) erwartet eine Zunahme der nachfrageseitigen Störungen in den nächsten drei Monaten. Große Unternehmen sind etwas optimistischer was die Beherrschung von angebotsseitigen Störungen angeht. 93 Prozent der Unternehmen erwarten Umsatzeinbußen für 2020 – 60 Prozent von ihnen rechnet mit Einbußen zwischen 10 und 30 Prozent. Der überwiegende Teil der Maschinenbauer (83 Prozent) hat bereits Kapazitätsanpassungen vorgenommen.

 

 

Welche Entwicklungen werden die die Wirtschaft nach der Krise prägen?

 

Die Unternehmen des Maschinenbaus und der Produktionstechnik sind nach wie vor in besonderer Weise als Enabler und Problemlöser gefragt. Daher kommt ihnen mit Blick auf die Bewältigung der vorliegenden und zukünftigen Herausforderungen eine entscheidende Rolle zu. Trotz der zurzeit schwierigen Lage sollten Unternehmen intensiv prüfen, welche Innovationsaktivitäten sie mit Blick auf ihre eigene Zukunft weiterverfolgen können. Studien zeigen, dass Unternehmen, die in wirtschaftlich schwachen Zeiten in Innovationen investieren, Krisen schneller hinter sich lassen. Mein Appell lautet daher: Besinnen Sie sich auf Ihre Stärken und richten Sie den Blick nach vorne!

 



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